Betäubungsmittel
Das Betäubungsmittelgesetz (BetmG, SR 812.121) ist eines der praxisrelevantesten Gesetze im Nebenstrafrecht.
Es regelt den Umgang mit illegalen oder bewilligungspflichtigen Substanzen wie Cannabis, Kokain, Heroin, LSD, MDMA oder Methamphetamin. Verstösse reichen vom gelegentlichen Eigenkonsum bis hin zu bandenmässigem internationalen Drogenhandel.
Das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) der Schweiz verbietet den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen. Dazu gehören:
Herstellung
Einfuhr und Ausfuhr
Verkauf und Weitergabe
Besitz und Konsum (bei bestimmten Substanzen)
Ziel ist es, Missbrauch, Abhängigkeit und illegalen Handel zu verhindern. Das Gesetz erlaubt aber Ausnahmen für medizinische und wissenschaftliche Zwecke.
Bereits kleinere Verfehlungen können erhebliche strafrechtliche und ausländerrechtliche Konsequenzen haben.
Regulierte Substanzen
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Betäubungsmittel sind Stoffe und Zubereitungen, die in den Anhängen des BetmG (insbesondere Verzeichnis a bis d der BetmVV-EDI) aufgeführt sind und ein Suchtpotenzial sowie Missbrauchsgefahr aufweisen.
Die verbotenen Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe sind nicht direkt im BetmG selbst aufgelistet, sondern in den Verordnungen – insbesondere:
Diese Liste wird regelmässig aktualisiert und enthält u. a. folgende bekannte Substanzen:
Cannabisprodukte (THC)
Kokain
Heroin (Diacetylmorphin)
Methadon
MDMA (Ecstasy)
Amphetamin / Methamphetamin (Crystal Meth)
LSD
Psilocybin (Zauberpilze)
GHB / GBL (sog. K.O.-Tropfen)
Hinweis: Diese Verzeichnisse unterliegen ständigen Änderungen durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Insbesondere neue synthetische Drogen und Research Chemicals werden laufend ergänzt. Es ist deshalb wichtig, stets die aktuelle Fassung der BetmVV-EDI zu konsultieren.
Die Einordnung einer Substanz als Betäubungsmittel hat unmittelbare strafrechtliche Folgen. Wer mit nicht gelisteten Stoffen handelt, fällt ggf. nicht unter das BetmG – aber unter andere Gesetze wie das Heilmittelgesetz (HMG) oder das Chemikalienrecht.
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In der Schweiz gibt es zahlreiche Substanzen, die nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) unterstehen, aber dennoch gesetzlich geregelt oder eingeschränkt sind. Diese Vorschriften dienen dem Gesundheits-, Jugend- oder Konsumentenschutz und finden sich insbesondere im Heilmittelgesetz (HMG), Lebensmittelgesetz (LMG), Chemikalienrecht oder Strassenverkehrsgesetz (SVG).
1. Medikamente mit Missbrauchspotenzial
Darunter fallen etwa Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Lorazepam) oder sogenannte „Z-Drugs“ wie Zolpidem. Diese Medikamente sind verschreibungspflichtig und unterliegen dem Heilmittelgesetz (HMG). Ihr Missbrauch – etwa der Besitz ohne Rezept oder Verkauf – ist nicht nach dem BetmG, aber sehr wohl strafbar (z. B. nach HMG oder über das StGB bei Missbrauch/Abgabe an Minderjährige).
2. Pflanzliche Wirkstoffe mit psychotroper Wirkung
Substanzen wie Kratom, Kava-Kava oder Salvia divinorum sind in der Schweiz nicht grundsätzlich verboten, unterstehen jedoch – je nach Produkt – dem Lebensmittelgesetz (LMG), der Chemikalienverordnung (ChemV) oder bei therapeutischer Verwendung dem HMG. Ihre Vermarktung oder Abgabe kann je nach Zubereitung beschränkt oder verboten sein.
3. Synthetische Designerdrogen (Research Chemicals)
Sogenannte „Legal Highs“ oder Neue psychoaktive Substanzen (NPS) – etwa 1P-LSD, 3-MMC oder HHC – fallen solange nicht unter das BetmG, bis sie in die Betäubungsmittelverzeichnisse aufgenommen werden. Sie unterstehen jedoch dem Chemikalienrecht oder anderen Sonderregelungen und können bei Missbrauch oder Abgabe rechtlich problematisch werden.
4. Cannabidiol (CBD)
CBD-Produkte sind in der Schweiz nur erlaubt, wenn der THC-Gehalt unter 1 % liegt. Sie unterstehen dann nicht dem BetmG, aber dem LMG, TPG (Tabakproduktegesetz) oder HMG, je nach Verwendungszweck. Als Kosmetikum oder Nahrungsergänzung dürfen sie nicht mit Heilanpreisungen beworben werden. Eine Abgabe an Minderjährige ist in vielen Kantonen untersagt.
5. Nikotinprodukte (E-Zigaretten, Snus)
Nikotin selbst fällt nicht unter das BetmG, aber der Verkauf und die Bewerbung von E-Zigaretten, Liquids oder Snus sind durch das Tabakproduktegesetz und kantonale Vorschriften streng reguliert. Besonders der Jugendschutz (Mindestalter 18 Jahre) spielt eine zentrale Rolle.
6. Alkohol
Alkohol gilt nicht als Betäubungsmittel, ist aber durch das Alkoholgesetz und das Lebensmittelgesetz geregelt. Der Besitz und Konsum durch Erwachsene ist erlaubt, jedoch bestehen klare Regeln zu Werbung, Verkauf, Steuer und dem Jugendschutz. Im Strassenverkehr ist Alkoholmissbrauch strafbar nach dem Strassenverkehrsgesetz (SVG).
7. Koffein
Koffein unterliegt als Bestandteil von Energy-Drinks, Tabletten oder Konzentraten ebenfalls dem LMG. In handelsüblichen Mengen ist es unproblematisch. Bei hochkonzentrierten Produkten (z. B. Koffeinpulver) bestehen jedoch Warnhinweise und Auflagen – besonders zur Abgabe an Jugendliche.
8. Lachgas (Distickstoffmonoxid, N₂O)
Lachgas ist in Kartuschen frei verkäuflich (z. B. für Sahnegeräte), fällt aber nicht unter das BetmG. Sein Missbrauch (z. B. zur Rauscherzeugung) kann je nach Situation strafrechtlich relevant sein – insbesondere im Strassenverkehr oder bei Verabreichung an Dritte.
9. Schnüffelstoffe und Lösungsmittel
Produkte wie Aceton, Haarspray, Tipp-Ex oder Aerosole werden gelegentlich zum Inhalieren missbraucht. Diese fallen nicht unter das BetmG, unterliegen aber dem Chemikaliengesetz und dem Produktsicherheitsrecht. Ihre Abgabe an Minderjährige kann verwaltungs- oder strafrechtlich geahndet werden.
10. Ritualpflanzen und ethnomedizinische Substanzen
Pflanzen wie Ayahuasca, Peyote oder Iboga enthalten in ihrer natürlichen Form psychoaktive Substanzen wie DMT oder Meskalin. Wenn diese Stoffe in wirksamer Konzentration enthalten sind, fallen sie unter das BetmG – auch wenn sie rituell oder religiös verwendet werden. Ansonsten gelten teils Regelungen nach dem Kulturgüterrecht, dem Zollrecht oder dem Heilmittelgesetz.
Hinweis zur Aktualität
Viele dieser Substanzen sind dynamisch reguliert: Neue Stoffe (vor allem synthetische) werden regelmäßig durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) überprüft und in die Betäubungsmittelverzeichnisse (BetmVV-EDI) aufgenommen. Eine Substanz, die heute legal ist, kann morgen verboten sein.
Die Tatbestände kurz erklärt
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Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a. Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b. Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c. Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d.Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e. den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
[…]
Jede der verbotenen Handlungen ist rechtlich klar definiert:Herstellen: Dies umfasst jeden chemischen oder biologischen Vorgang, mit dem eine neue betäubungsmittelhaltige Substanz erzeugt wird. Dazu zählt insbesondere der Anbau von Cannabispflanzen, die Synthese von Amphetaminen oder das Extrahieren von Wirkstoffen. Auch die bloße Trocknung und Weiterverarbeitung der Pflanzenbestandteile kann darunterfallen, wenn damit eine Konsumfähigkeit erzeugt wird.
Lagern: Darunter versteht man das bewusste und gewollte Aufbewahren von Betäubungsmitteln an einem bestimmten Ort. Dies kann ein Keller, eine Wohnung, ein Fahrzeug oder auch ein Schließfach sein. Entscheidend ist, dass die betroffene Person die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Substanzen besitzt oder zumindest organisiert hat.
Befördern: Gemeint ist das physische Transportieren von Betäubungsmitteln, sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Auto, per Bahn oder mit der Post. Es ist dabei unerheblich, ob die befördernde Person das Ziel oder den Zweck der Lieferung kennt – sofern Vorsatz vorliegt.
Einführen: Dieser Begriff bezeichnet das Verbringen von Betäubungsmitteln aus dem Ausland in die Schweiz. Die Einfuhr kann im Gepäck, versteckt in Fahrzeugen oder auch per Postsendung erfolgen. Bereits das Überqueren der Grenze mit der Substanz genügt zur Tatvollendung.
Ausführen: Das Gegenteil der Einfuhr – das Verbringen der Stoffe aus der Schweiz ins Ausland. Auch hier ist der Grenzübertritt entscheidend. Häufig relevant bei Personen, die Substanzen für Dritte über die Grenze transportieren (sog. "Kuriere").
Durchführen: Das bloße Durchqueren der Schweiz mit Betäubungsmitteln, also der Transit von Drogen durch schweizerisches Gebiet, beispielsweise bei internationalen Bahn- oder Flugreisen. Auch hier ist keine Entladung oder Verteilung innerhalb der Schweiz nötig.
Verschaffen: Dies bedeutet, sich oder einem Dritten den Besitz oder die Verfügungsgewalt über ein Betäubungsmittel zu verschaffen. Der Begriff ist weit auszulegen: auch das Dulden, dass andere Zugriff haben, kann darunterfallen.
Verkaufen: Jede entgeltliche Überlassung von Betäubungsmitteln. Das Entgelt muss nicht zwingend in Geld bestehen – auch Tauschgeschäfte (z. B. BtM gegen Dienstleistungen oder andere Güter) erfüllen diesen Tatbestand.
Überlassen: Dies bezeichnet jede unentgeltliche Weitergabe eines Betäubungsmittels. Auch die Übergabe eines Joints unter Freunden fällt hierunter. Die Rechtsprechung legt diesen Begriff besonders weit aus.
Vermitteln: Gemeint ist die Förderung des Kontakts zwischen Anbieter und Nachfrager. Es reicht bereits das Zusammenführen zweier Personen oder das Herstellen einer Verbindung – unabhängig davon, ob das Geschäft zustande kommt.
In der Praxis ist jede dieser Handlungen ausreichend, um den Straftatbestand zu erfüllen – eine Kombination mehrerer Handlungen kann strafschärfend wirken. Die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte prüfen daher sehr genau die Rolle der betroffenen Person im gesamten Ablauf.
Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. In Fällen geringer Schuld oder bei Ersttätern kann eine bedingte Geldstrafe ausgesprochen werden.
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"Mit Busse wird bestraft, wer unbefugt Betäubungsmittel erwirbt, besitzt oder konsumiert oder wer Pflanzen zum eigenen Konsum anbaut."
Hier geht es um Verstösse, die nicht auf Weitergabe oder Handel abzielen, sondern auf den persönlichen Konsum. Der Gesetzgeber sieht diese Taten als weniger schwerwiegend an. Deshalb handelt es sich um eine Übertretung und nicht um ein Vergehen oder Verbrechen.
In der Praxis betrifft Art. 19a BetmG typischerweise:
das Mitführen von kleinen Mengen Cannabis, Kokain oder MDMA zum Eigengebrauch;
den Anbau einzelner Cannabispflanzen zu Hause, ohne Verkaufsabsicht;
gelegentlichen Erwerb für den eigenen Konsum bei Partys.
Ordnungsbussenregelung: Seit der Revision von 2013 kann der Besitz von weniger als 10 g Cannabis bei Erwachsenen mit einer Ordnungsbusse von CHF 100 geahndet werden (sofern keine weiteren Delikte vorliegen, wie etwa Konsum in der Öffentlichkeit oder Besitz gefährlicher Gegenstände).
Wichtig:
Die Regelung gilt nicht für Minderjährige.
Eine Ordnungsbusse führt nicht zu einem Strafregistereintrag.
Rechtsprechung und Praxis:
BGer 6B_510/2016: Das Bundesgericht hält fest, dass die Ordnungsbussenregelung keine Anwendung findet, wenn gleichzeitig ein anderer Straftatbestand erfüllt ist.
In den Kantonen Zürich, Bern und Aargau ist bekannt, dass auch unterhalb der 10g-Grenze Verfahren eingeleitet werden, wenn etwa Hinweise auf Weitergabe bestehen oder Wiederholungstäterschaft vorliegt.
Verteidigungshinweis: Im Zweifelsfall kann ein Nachweis über medizinische Nutzung oder die Darlegung persönlicher Umstände (z. B. Therapiebereitschaft) zu einer Verfahrenseinstellung führen.
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Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet oder zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums einer Person von mehr als 18 Jahren unentgeltlich abgibt, ist nicht strafbar.
10 Gramm eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis gelten als geringfügige Menge.
Art. 19b BetmG bietet eine wichtige Korrekturmöglichkeit im Betäubungsmittelrecht. Der Gesetzgeber trägt hiermit der Erkenntnis Rechnung, dass nicht jeder Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz mit der gleichen Härte geahndet werden sollte.
Diese Bestimmung gilt als sogenannte "Kann-Vorschrift", d. h. die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte sind ermächtigt, aber nicht verpflichtet, von einer Strafe abzusehen oder eine mildere zu verhängen. Das Tatbestandsmerkmal "leichter Fall" wird dabei nicht gesetzlich definiert, sondern ist anhand der konkreten Umstände zu würdigen.
Wann liegt ein leichter Fall vor? Die Beurteilung richtet sich insbesondere nach:
der geringen Menge des Betäubungsmittels;
dem Fehlen einer Weitergabeverdachtslage;
der Tatsache, dass es sich um eine Ersttat handelt;
dem Verhalten des Beschuldigten (z. B. Geständnis, Kooperation);
einer allfälligen Suchterkrankung oder Therapieabsicht.
Beispielhafte Konstellation: Ein Student wird mit 1,2 g Heroin auf einem öffentlichen Platz angetroffen. Er gibt sofort zu, dass es sich um seinen Eigenvorrat handelt. Er ist bisher nicht vorbestraft und zeigt sich einsichtig. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren unter Hinweis auf Art. 19b BetmG ein oder beantragt eine Verwarnung.
Rechtsprechung und Praxis:
KGer LU (U 16 182): Die Staatsanwaltschaft verfügte eine Verfahrenseinstellung gemäss Art. 19b BetmG, nachdem der Beschuldigte den Besitz von 0,8 g Kokain eingeräumt und sich in eine stationäre Therapie begeben hatte.
In vielen Kantonen bestehen interne Weisungen, wonach in leichten Fällen (z. B. Besitz unterhalb bestimmter Mengengrenzen) ohne Hinweise auf Handelsabsicht das Verfahren gegen bedingte Strafe oder Auflagen eingestellt wird.
Verteidigungsstrategie: Für die Verteidigung bietet Art. 19b BetmG ein zentrales Argument zur Deeskalation eines Verfahrens. Ziel ist es, durch Einzelfallanalyse und Vorlage mildernder Umstände (wie berufliche oder familiäre Belastungen, Selbstanzeige, Kooperation mit Behörden) eine milde Rechtsfolge zu erreichen oder den Weg zur Verfahrenseinstellung zu ebnen.
Eine systematische Argumentation über einen leichten Fall nach Art. 19b BetmG kann auch dann greifen, wenn zwar formell ein Verstoss gegen das Gesetz vorliegt, dieser aber aus sozialethischen Gründen als kaum strafwürdig erscheint.
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"Wird eine Tat nach Artikel 19 in großem Umfang, gewerbsmäßig, als Mitglied einer Bande, durch Mitsichführen einer Waffe oder an Minderjährigen begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr."
Verteidigungsstrategien
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Nein. Als beschuldigte Person haben Sie das Recht, die Aussage zu verweigern. Sie müssen ledEin effektiver strafrechtlicher Verteidigungsansatz im Betäubungsmittelrecht hängt maßgeblich von der konkreten Fallkonstellation, der Beweislage sowie der Persönlichkeitsstruktur des Beschuldigten ab. Die folgenden Verteidigungsstrategien haben sich in der gerichtlichen Praxis als zentral erwiesen:
1. Abgrenzung Eigengebrauch vs. Handelsabsicht Eine der häufigsten und wichtigsten Verteidigungslinien besteht in der Argumentation, dass der Besitz ausschließlich dem Eigenkonsum diente. Dies kann durch folgende Indizien unterstützt werden:
Fehlen von Verpackungsmaterialien
keine typischen Händlerutensilien (z. B. Feinwaagen)
keine Kommunikation mit Dritten über Verkauf
geringe Menge unterhalb der typischen Handelsmengen (vgl. BGer 6B_1226/2015)
2. Verfahrensfehler und Beweisverwertungsverbote Immer wieder kommt es bei Hausdurchsuchungen, Fahrzeugkontrollen oder Handy-Auswertungen zu Fehlern. Wird etwa eine Durchsuchung ohne richterlichen Befehl durchgeführt, obwohl keine Gefahr im Verzug bestand, kann dies zu einem Beweisverwertungsverbot führen:
keine richterliche Anordnung trotz fehlender Eilbedürftigkeit
keine korrekte Belehrung des Beschuldigten
Verletzung der Verteidigungsrechte (z. B. fehlender Zugang zur Akteneinsicht)
3. Therapeutische Kooperation Die Bereitschaft, eine Therapie zu absolvieren oder sich in eine medizinisch begleitete Substitution zu begeben, kann sowohl bei der Strafzumessung wie auch bei der Verfahrenseinstellung gemäss Art. 19b BetmG berücksichtigt werden. Dies gilt besonders bei:
nachgewiesener Suchterkrankung
langfristiger Drogenabhängigkeit
erstmaliger Delinquenz im Zusammenhang mit Konsum
4. Angriff auf die Qualifikation (z. B. Gewerbsmässigkeit) Wird ein qualifizierter Fall nach Art. 20 BetmG vorgeworfen, kann die Verteidigung darauf abzielen, die Merkmale wie Gewerbsmässigkeit oder Bandenmässigkeit zu bestreiten:
Einmaliger oder spontaner Handel
keine nachweisbare Einkommensabsicht
keine organisierte Struktur
5. Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden (proaktive Verteidigung) In frühen Verfahrensstadien kann eine offene, gut vorbereitete Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft zielführend sein. In geeigneten Fällen lässt sich so eine Einstellung des Verfahrens, ein Strafbefehlsverfahren mit bedingter Strafe oder eine Diversion erreichen.
6. Verhältnismässigkeitsprüfung und Absehen von Strafe Auch bei Vorliegen des objektiven Tatbestands kann eine Strafe unterbleiben, wenn das Verschulden gering ist, keine Gefahr für Dritte vorlag oder die staatlichen Interessen nur minimal betroffen sind (Art. 19b BetmG, i.V.m. Art. 52–54 StGB).
7. Schutz vor Nebenfolgen (Führerausweis, Ausländerrecht) Die Verteidigung sollte stets auch mögliche administrative oder ausländerrechtliche Folgen prüfen und abwehren, etwa:
Meldung an das Strassenverkehrsamt (Warnung, Ausweisentzug)
Landesverweisung gemäss Art. 66a StGB
Eintrag im Strafregister mit Auswirkungen auf Beruf und Reise
Jede Verteidigung im Betäubungsmittelstrafrecht erfordert eine sorgfältige Prüfung von Tat, Täter und Verfahren. Ziel ist es, durch rechtlich fundierte und menschlich überzeugende Argumentation das bestmögliche Ergebnis für den Mandanten zu erzielen.iglich Ihre Personalien angeben. Es empfiehlt sich, vor einer Aussage anwaltlichen Rat einzuholen.
Q&A
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Nein. Als beschuldigte Person haben Sie das Recht, die Aussage zu verweigern. Sie müssen lediglich Ihre Personalien angeben. Es empfiehlt sich, vor einer Aussage anwaltlichen Rat einzuholen.
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Ja. Auch der Besitz zum Eigenkonsum ist strafbar (Art. 19a BetmG). Allerdings wird dies als Übertretung gewertet und kann mit einer Busse geahndet werden. Bei Cannabis unter 10g droht in vielen Kantonen nur eine Ordnungsbusse von CHF 100.
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Die Grenze ist fliessend. Verdachtsmomente wie größere Mengen, Verpackung in Einzeldosen, Bargeldfunde oder Kommunikation über Verkauf können genügen, um von Handelsabsicht auszugehen. Entscheidend ist die Würdigung der Gesamtumstände.
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Wenn jemand planmässig und wiederholt mit Drogen handelt, um ein Einkommen zu erzielen, spricht man von Gewerbsmässigkeit. Dies führt gemäss Art. 20 BetmG zu einem stark erhöhten Strafrahmen (Mindeststrafe: 1 Jahr Freiheitsstrafe).
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Je nach Schwere des Vorwurfs reichen die Sanktionen von Ordnungsbussen bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe. Bei schweren Fällen (z. B. bandenmässiger Handel) ist keine bedingte Strafe mehr möglich.
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Ja. Eine Verurteilung wegen eines Betäubungsmitteldelikts kann zur Landesverweisung führen (Art. 66a StGB), insbesondere bei gewerbsmässigem Handel oder Wiederholungstaten.
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Eine Hausdurchsuchung ist eine Zwangsmassnahme, die nur mit richterlicher Anordnung oder bei Gefahr im Verzug erlaubt ist. Sie müssen diese dulden, haben aber das Recht, einen Anwalt beizuziehen und nichts auszusagen.
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Ja. Bereits die Vermittlung eines Kontakts zwischen Käufer und Verkäufer gilt als strafbar nach Art. 19 Abs. 1 BetmG.
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Ja. Eine laufende oder erfolgreich abgeschlossene Therapie kann strafmildernd berücksichtigt werden. In gewissen Kantonen wird das Verfahren bei aktiver Therapiebereitschaft sistiert oder eingestellt.
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Unbedingt. Auch bei kleineren Mengen können Einträge im Strafregister, Administrativmassnahmen (z. B. Führerausweisentzug) oder ausländerrechtliche Konsequenzen drohen. Ein frühzeitiger anwaltlicher Beistand verbessert Ihre Verteidigungschancen erheblich.